Der Kreis Offenbach und seine 13 Städte und Gemeinden haben auf der jüngsten Bürgermeisterdienstversammlung ein deutliches Signal nach Wiesbaden und Berlin gesendet. Mit einer gemeinsamen Resolution kritisieren sie die anhaltende finanzielle Überforderung durch die Übertragung staatlicher Aufgaben auf kommunale Ebene – ohne ausreichende Gegenfinanzierung. Unter dem Titel „Es ist fünf nach zwölf: Wer bestellt, muss bezahlen“ richten sie klare Forderungen an Bund und Land.
Kreis und Kommunen zunehmend unter Druck
Wie aus der Erklärung hervorgeht, ist die kommunale Haushaltslage dramatisch. Der Kreis Offenbach sieht sich – trotz guter Steuereinnahmen – außerstande, seine Pflichtausgaben ohne eine Erhöhung der Kreisumlage zu leisten. Noch besorgniserregender: Der Anteil der freiwilligen Leistungen liegt bei lediglich 0,28 Prozent. Von echter kommunaler Selbstverwaltung könne unter diesen Bedingungen keine Rede mehr sein.
Gesetze ohne Finanzierung belasten Kommunen
Ein zentraler Kritikpunkt in der Resolution ist das wiederholte „Durchreichen“ gesetzlicher Vorgaben durch Bund und Land, während die Kosten bei den Kommunen hängen bleiben. Beispiele dafür sind die Ausweitung des Wohngeldes, der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz sowie die ab 2026 geplante Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder. Die Bürgermeister fordern: „Ohne eine kostendeckende finanzielle Ausstattung dürfen keine zusätzlichen Aufgaben auf die kommunale Ebene übertragen werden.“
Jugend- und Sozialhilfe als Kostentreiber
Besonders belastend sind für den Kreis die Ausgaben in der Jugend-, Sozial- und Eingliederungshilfe. 2025 sind dafür rund 585 Millionen Euro vorgesehen – etwa 60 Prozent des Haushalts. Da eine vollständige Refinanzierung ausbleibt, müssen knapp 196 Millionen Euro aus kommunalen Mitteln aufgebracht werden. Die Handlungsspielräume des Kreises schrumpfen dadurch auf ein Minimum.
Kinderbetreuung bleibt kommunale Baustelle
Ein weiteres Beispiel ist die von der Landesregierung eingeführte Beitragsfreiheit für sechs Betreuungsstunden im Ü3-Bereich. Zwar übernimmt das Land einen Teil der Kosten – doch laut Resolution deckt der Zuschuss längst nicht mehr die tatsächlichen Aufwendungen. Die Kommunen tragen die Differenz – zulasten anderer wichtiger Aufgaben.
Forderung nach Kurskorrektur
In der Resolution fordern Kreis und Kommunen:
- eine angemessene Finanzierung aller übertragenen Aufgaben
- eine Aussetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung bis zur Klärung der Finanzierung
- eine Neuausrichtung der Kommunalfinanzen mit Priorität auf eine gerechtere Steuerverteilung
- und generell eine Anpassung politischer Ansprüche an die tatsächlichen Ressourcen.
Lebensqualität auf dem Spiel
Die kommunalen Vertreter warnen eindringlich: Ohne grundlegende Änderungen drohen Leistungseinschränkungen, Steuererhöhungen und der Verlust gewachsener Strukturen. Die Resolution schließt mit einem Appell an Land und Bund, endlich für Planungssicherheit und eine faire Aufgabenverteilung zu sorgen. Nur so könne kommunale Selbstverwaltung langfristig gesichert und den Bürgerinnen und Bürgern ein lebenswertes Umfeld garantiert werden.