Ein kurzer Blick auf die Vergangenheit: Ende November 2024 wurden für wenige Stunden einige der Fassaden-Aluplatten am ehemaligen Kaufhof-Gebäude in Offenbach entfernt. Zum Vorschein kam ein gut erhaltener Teil der ursprünglichen Sandsteinfassade aus den Jahren 1907 und 1930. Diese unerwartete Entdeckung zog nicht nur die Aufmerksamkeit von Passanten auf sich, sondern auch die der renommierten Sandstein-Expertin Dr. Anette Ritter-Höll, die den Zustand der historischen Bausubstanz begutachtete.
Das Gebäude wird derzeit zur Station Mitte umgebaut, einem Lern-, Kultur- und Begegnungszentrum mit einer modernisierten Stadtbibliothek. Geplant ist die Fertigstellung bis 2026. Das Gutachten der Expertin liegt inzwischen vor und bestätigt: Trotz zahlreicher baulicher Veränderungen in den vergangenen Jahrzehnten ist die verbliebene Sandsteinfassade in einem guten Zustand.
Stadt prüft Erhalt der Fassade
Die Freilegung der historischen Architektur stieß bei vielen Offenbachern auf Begeisterung. „Während die historische Fassade kurz als Ausschnitt sichtbar war, sind immer wieder Passantinnen und Passanten stehengeblieben und haben die lange Zeit verdeckte Fassade bewundert“, erklärt Martin Wilhelm, Stadtkämmerer und Vorsitzender des Aufsichtsrates der Station Mitte GmbH.
Wilhelm betont, dass sich viele Bürger für eine erneute Sichtbarmachung der Fassade ausgesprochen haben. Auch der Magistrat teilt diesen Wunsch. Allerdings müsse geprüft werden, ob und wie sich die Kosten für eine mögliche Restaurierung in den bestehenden Umbauplan integrieren lassen. Die finanziellen Mittel für die Umgestaltung der Station Mitte sind begrenzt.
Zustand besser als erwartet
Andreas Herzog, Geschäftsführer der Station Mitte GmbH, zeigt sich erfreut über die gute Beurteilung der Sandsteinfassade. Gleichzeitig mahnt er, keine falschen Erwartungen zu wecken. Das gesamte Gebäude mit einer Länge von 63 Metern besteht aus mehreren Bauabschnitten. Die ursprüngliche Sandsteinfassade sei lediglich auf 32 Metern des Ursprungsbaus von 1907 und des Erweiterungsbaus von 1930 erhalten. In den späten 1940er Jahren wurden große Teile des Gebäudes, darunter das Dachgeschoss und die dazugehörige Fassade, ohne Sandstein neu errichtet.
An der Ecke Frankfurter Straße/Herrnstraße, wo sich einst der Haupteingang befand, ist die historische Fassade überhaupt nicht mehr vorhanden. „Es ist also unter den von der Kaufhof AG in den 1960er Jahren aufgebrachten Aluplatten nur noch ein Teil der ehemaligen Fassade vorhanden, um dessen Erhalt und Integration wir uns jetzt aber bemühen werden“, fasst Paul-Gerhard Weiß, Baudezernent und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Station Mitte GmbH, zusammen.
Experten loben Qualität des Sandsteins
Dr. Anette Ritter-Höll kommt in ihrem Gutachten zu einem positiven Fazit. „Gesichtet wurde zwar nur eine Achse, aber der Zustand des Sandsteins ist ohne große Verwitterungen und lässt erwarten, dass die anderen Achsen, die sich noch unter dem Blech befinden, in einem ähnlich guten Zustand sind.“
Zudem zeigt sich, dass der verwendete Sandstein eine hohe Festigkeit besitzt. Trotz früherer baulicher Eingriffe, etwa dem Eintreiben von Stahlprofilen direkt in den Stein, sind keine Risse entstanden. Dies erleichtert mögliche Restaurierungsmaßnahmen erheblich.
Weitere Planungen im Gange
Aktuell läuft das Dialogverfahren für die Ausschreibung eines Generalübernehmers, der für den Umbau der Station Mitte verantwortlich sein wird. Die neuen Erkenntnisse zur historischen Fassade werden dabei berücksichtigt. In den kommenden Monaten wird sich entscheiden, inwieweit die Sandsteinfassade wieder sichtbar gemacht und in die Neugestaltung des Gebäudes integriert werden kann.