Eine achtlos weggeworfene Getränkedose, die lässig weggeschnippte Zigarettenkippe, Papiertaschentücher oder Verpackungen: Dort wo Menschen sich bewegen, bleibt oft aus Bequemlichkeit etwas zurück. Die Ausrede, dass kein Abfallbehälter in der Nähe war, lässt Christian Broos von der Stabstelle Sauberkeit nicht gelten, „schließlich hat Offenbach bezogen auf die Einwohnerzahl eine überdurchschnittlich hohe Behälterdichte.“ Daher müssen Verursacher mit teilweise saftigen Strafen rechnen: So muss, wer beim Kaugummispucken oder Kippen fallen lassen erwischt wird, mindestens 75 Euro bezahlen und werden für die illegal im Wald entsorgten Altreifen bis zu 5.000 Euro fällig. Letztere sind leider keine Seltenheit, etliche Handwerker oder Autoschrauber wählen diese vermeintlich kostengünstige Variante und schaden der Umwelt, wenn die darin enthaltenen Schwermetalle und Chemikalien den Boden verunreinigen. Zudem bleibt diese Art der Entsorgung in der Regel nicht lange unentdeckt, oft melden Gassigänger oder Radfahrer den Müll in der Landschaft. Aber auch innerhalb des Stadtgebietes achten viele Bürgerinnen und Bürger auf ihre Umgebung und melden Auffälligkeiten. „Erfreulicherweise kennen inzwischen viele Menschen den Mängelmelder, mit dem sich mit ein paar Klicks Störstellen im Stadtbild melden lassen“, ergänzt Daniel Krüger, Leiter der Abteilung Kommunale Prävention, Ordnung und Sauberkeit beim Ordnungsamt. „7.900 Meldungen gingen in den vergangenen zwölf Monaten bei uns ein. Während sich die Kollegen vom Stadtservice zusätzlich unter anderem um Schlaglöcher kümmern, arbeiten wir gemeinsam an der Umsetzung unsere 48-Stunden Dreck weg-Garantie in der Stadt – aktuell liegt die Quote bei stolzen 80 bis 85 Prozent.“
Die Bandbreite der eingehenden Meldungen reicht von Farbeimern, einzelnen Wäscheständern, Stühlen, aber auch Wohnungseinrichtungen, Kleidung und allem, was bequem und ganz legal entsorgt werden könnte. Denn immerhin bietet die Stadt Offenbach täglich 50 bis 80 kostenlose Sperrmülltermine an, können Müll und Schutt direkt beim ESO in der Dieselstraße abgegeben werden und stehen zudem zahlreiche Altkleidercontainer im Stadtgebiet zur Verfügung. Möglichkeiten, die Stadt sauber zu halten, gibt es also reichlich.
Müllsündern auf der Spur
Weil sich aber trotzdem viele Menschen für den einfachsten Weg der Entsorgung entscheiden und Dinge einfach auf die Straße stellen, geht den beiden Müllermittlern des Ordnungsamtes die Arbeit nicht aus. Seit mehr als 20 Jahren ist Thomas Kuntke Mülldetektiv und erinnert sich noch gut an seine Anfangsjahre. 43 Fälle hatte er in seinem ersten Jahr zu bearbeiten, mit dem Wachstum der Stadt haben sich die Zahlen vervielfacht, 958 waren es bisher in diesem Jahr. Meistens ist Kuntke mit dem Fahrrad oder per Pedes in den innerstädtischen Bezirken unterwegs, während sein Kollege mit dem Auto die Stadtteile und Waldgebiete abfährt – die jeweiligen Einsatzorte ergeben sich aus den Meldungen des Mängelmelders oder der Quartiers-Rundgänger.
Heute wurde illegaler Sperrmüll am Mainpark und in der Hermann-Steinhäuser-Straße gemeldet, auch am Goetheplatz und in der Groß-Hasenbach-Straße sollen sich Sachen befinden. Die Tour beginnt in der Austraße, schon von weitem sichtbar ist eine stattliche Ansammlung, das Spektrum reicht vom alten Sofa bis zu Kleidungsstücken, Plastiktüten und Windelverpackungen. Kuntke beginnt sofort mit der Arbeit, mit einer Pocketkamera dokumentiert er den gesamten Abschnitt. „Das ist wichtig, wenn der Fall vor Gericht verhandelt werden sollte“, erklärt er, „dann zählt jedes Detail. Denn viele wissen nicht, dass wir ein Ordnungswidrigkeitsverfahren einleiten und der Müll dann teuer werden kann.“ Für seine Suche nach verwertbaren Hinweisen streift er sich Hygienehandschuhe über und beginnt mit der Untersuchung der Tüten und Kartons. Schnell wird er fündig und zeigt einen Brief, anhand der Adresse werden später im Büro weitere Nachforschungen angestellt. Ähnlich verläuft auch seine Suche ein paar Meter weiter in der Hermann-Steinhäuser-Straße, auch hier befördert er nach einiger Zeit aus dem Haufen aus Hausrat und einem größeren Ungetüm, das einmal eine Kühltruhe gewesen sein könnte, ein Anschreiben zutage. Die Adresse auf dem Kuvert befindet sich nur einige Meter vom Ablageort. Bevor der Mülldetektiv dort klingelt, versucht er erst, direkt vor Ort etwas zu erfahren. Der Hausmeister der Liegenschaft kann zum Verursacher nichts sagen, zudem sei er von legalem, bestellten Sperrmüll ausgegangen, sagt er. Dass dem nicht so ist, erfährt er nun von Kuntke, dessen Tour nur unrechtmäßigen Müll umfasst. Adressen mit bestelltem Sperrmülltermin wurden von den Kollegen im Büro bereits herausgefiltert.
Müllermittler Kuntke klingelt nun ein paar Meter weiter an der Adresse, die sich auf dem Kuvert befand. Als eine Frau öffnet, zeigt er ihr seine Dienstmarke und erklärt ihr den Grund seines Besuchs. Warum sich der Brief im Müll befunden hat, kann sie nicht erklären. Kuntke verabschiedet sich freundlich, die Bewohner des Hauses werden später nochmal schriftlich um eine Stellungnahme gebeten. Weiter geht die Tour, allerdings ist am Goetheplatz kein Müll mehr zu finden. „Vermutlich waren die Kollegen schon hier“, meint er. Denn neben einem Fahrzeug für den regulären Sperrmüll ist täglich ein weiteres für illegale Abladungen auf Tour. Auch dieses folgt den GPS-Daten aus dem Mängelmelder und war in diesem Fall heute schneller.
Was Schrotträder, Einbauschränke und To Go-Becher gemeinsam haben
Auf dem Weg zum nächsten „Tatort“ in der Große-Hasenbach-Straße sieht der Müllermittler ein Fahrrad, das zwar ordentlich angekettet am Fahrradständer steht, sich aber aufgrund des fehlenden Vorderreifens und sichtlich vernachlässigt nur noch als Schrottfahrrad bezeichnen lässt. Behänd holt Kuntke ein Blöckchen mit orangefarbenen Aufklebern aus seiner Tasche, vermerkt das heutige Datum und markiert das Rad. Sollte es einen Besitzer geben, hat dieser nun 14 Tage Zeit, sich seines Rads anzunehmen. Ansonsten wird es – je nach Zustand – zur Entfernung an den Stadtservice gemeldet oder aber als Fundsache eingelagert. Bislang 173 Kontrollen fanden wegen 146 gemeldeten (Schrott-)Fahrrädern im laufenden Jahr statt.
Lange muss Kuntke nicht suchen, bis er den illegalen Sperrmüll gefunden hat, direkt am Eingang der Straße unweit des Bunkers findet sich ein Teil einer Kücheneinrichtung. Weitere Schränke und eine Matratze entdeckt der Mülldetektiv einige Meter entfernt um die Ecke. Viele Hinweise auf die Vorbesitzer gibt es auf den ersten Blick nicht, auf eine Befragung der Nachbarschaft verzichtet er. „Das würde hier ohnehin nicht viel bringen“, erklärt er, „der Ablageort gilt als beliebt, weil hier keiner genau hinschaut und Fragen stellt.“
Hygieneproblem illegaler Hausmüll
Weil er seinen Kiez kennt, ist Kuntke sensibel für Veränderungen. Wenn in einer Straße Müllcontainer schneller als gewohnt ihr Fassungsvermögen erreichen, insgesamt mehr Müll auftaucht oder öfter einmal eine Matratze auf der Straße steht, können dies Hinweise auf die Überbelegung von Wohnungen sein. In einigen Quartieren beobachtet er zudem den Trend, zunehmend auch Hausmüll in den öffentlichen Raum zu entsorgen und tauchen Säcke und Tüten mit gemischtem Abfall, der eigentlich in die Mülltonnen gehört, über Nacht vor Häusern, am Straßenrand und in der Baumscheibe auf. „Das ist für uns ein Hinweis auf ungeordnete Entsorgungskapazitäten oder Überbelegungen im Umfeld. Da organischer Abfall auch ein hygienisches Problem darstellt und Ungeziefer anzieht, muss er schnellstens beseitigt und die ungeordneten Zustände abgestellt werden.“ Deshalb wird genau hingeschaut und die Adresse gegebenenfalls mit dem Ordnungsamt, der Stadtpolizei und dem ESO überprüft. Manchmal wird auch die AG Leistungsmissbrauch hinzugezogen, die sich mit dem Thema Überbelegung beschäftigt.
Manchmal sind einzelne Gegenstände, Kleider und sogar Lebensmittel im öffentlichen Raum auch das Ergebnis guter Absicht und Hilfsbereitschaft, wenn Bürgerinnen und Bürger Bedürftige unterstützen möchten. „Das ist vielleicht gut gemeint, aber leider nicht gut gemacht“, sagt Ordnungsdezernent Paul-Gerhard Weiß. Denn oft werden die Sachen durchwühlt, beschädigt, durchnässt und mit dazugestellten Abfällen schnell zu einer der üblichen wilden Ablagerungen. „Altkleider gehören in die entsprechenden Container und Sachspenden können bei sozialen Einrichtungen abgegeben werden.“
Illegaler Müll kann teuer werden
Insgesamt habe man das Müll-, aber auch das Ahndungsmanagement der Stadt Offenbach in den letzten Jahren stark professionalisiert, erklärt Weiß: „Mit dem Mängelmelder, den Rundgängern in den innerstädtischen besonders dicht besiedelten Quartieren, den Müllermittlern und der Stabstelle Sauberkeit wurden Strukturen geschaffen, die schnell und effizient reagieren. Das sehen auch die Bürgerinnen und Bürger, die uns immer mehr und immer schneller Funde melden. Erfassung und Beseitigung konnten so deutlich beschleunigt werden. Und auch die Ermittlung der Verursacher sowie die Ahndung mit teils hohen Geldbußen treiben wir weiter voran. Manches mag auch aus Unwissenheit geschehen, das schützt aber nicht vor den Konsequenzen. Denn illegaler Müll im öffentlichen Raum schadet unserem Stadtbild und der Hygiene. Und verursacht der Allgemeinheit hohe Kosten.“
Natürlich setze die Stadt auch weiterhin auf mehr Achtsamkeit, Aufklärung und Lernen. Und viele Bürgerinnen und Bürger gehen bei Sauberkeitsaktionen als Vorbilder voran, wofür sich Weiß ausdrücklich bedankt. „Dabei helfen Kampagnen wie der sauberhafte Schulweg des Landes Hessen oder Aktionen wie der Offenbacher Frühjahrsputz. Wenn alle anpacken und die angebotenen Möglichkeiten nutzen, wäre viel gewonnen. Von einer sauberen Umgebung profitieren schließlich alle.“
Wer aktiv werden will, findet die nächsten Aktionstermine der Stabstelle Sauberkeit hier: www.offenbach.de/cleanup
Quelle: PM Stadt Offenbach