Eine siebenköpfige Delegation des Hekimhaner Stadtrats, angeführt von Bürgermeister Turan Karadag, weilte während des Pfingstwochenendes auf Einladung von Bürgermeister Jörg Rotter in Rödermark und absolvierte ein umfangreiches Besuchsprogramm. Nach einem Ausflug in Frankfurts „neue Altstadt“ standen Begegnungen zwischen Bulau und Breidert im Fokus. Informative Abstecher in die Kulturhalle und zur Kelterscheune, ein Rundgang durch die Sankt-Nazarius-Kirche, eine Stippvisite bei der Feuerwehr, Blasmusik im Dinjerhof… Und immer wieder kulinarische Leckereien bei all den vielen Stationen. „Wir wurden verwöhnt und bedanken uns sehr herzlich für die große Gastfreundschaft“, bilanzierte Karadag im Namen seiner kommunalpolitischen Begleiter.
Neben einem Empfang im SchillerHaus und gemütlichen Stunden beim Sommerfest auf der Bulau hatte das Programm am Samstagvormittag auch den Höhepunkt schlechthin zu bieten: Uwe Becker, Staatssekretär für Europa-Angelegenheit in Diensten der Hessischen Landesregierung, und Erdem Tuncer, der türkische Generalkonsul mit Amtssitz in Frankfurt, waren nach Rödermark gekommen, um mit Gastgebern und Gästen das Thema „mögliche Partnerschaft“ zu erörtern. Dass die „große Politik“ mit heiklen Fragen im Hinblick auf demokratische Standards und Menschenrechtsaspekte dabei nicht ausgeblendet werden kann, sprach Becker offen an. Er betonte jedoch zugleich: „Auch wenn man unter Ländern manchmal unterschiedlicher Meinung ist, können Dialog und Austausch auf kommunaler Ebene sehr wertvoll sein.“ Diesen Tenor verknüpfte der Staatssekretär mit dem Hinweis auf Anschubhilfe, die das Land Hessen gewähre, um derlei Projekte mit internationaler Ausrichtung zu fördern.
Fast wortgleich mit dem Generalkonsul mahnte er den Aufbau eines breitgefächerten Kontakte-Netzwerks an. Becker und Tuncer waren sich einig: Einen Partnerschaftsvertrag zu unterzeichnen, sei noch keine Garantie für lebendiges Miteinander. Nur wenn Schulen, Vereine und andere Akteure der beiden Stadtgesellschaften aktiv eingebunden würden, könne sich ein fruchtbarer Zusammenhalt entwickeln. Die Voraussetzungen, die Rödermark und Hekimhan in dieser Hinsicht mitbrächten, seien freilich exzellent, hieß es während der Zusammenkunft im Rathaus. Über 150 Familien mit türkischen Wurzeln in der Region Hekimhan seien als Migranten in der Stadt an der Rodauquelle heimisch geworden. Ihre Klubs mit Bezug zu den Herkunftsorten sowie der Deutsch-Türkische Freundschaftsverein mit seiner rührigen Integrationsarbeit: Das seien wichtige Antriebsräder. Die angestrebte Partnerschaft werde von den ehemaligen Hekimhanern in Rödermark „bereits vorbildlich gelebt“, befand der Sozialdemokrat Karadag, ehe er gemeinsam mit Becker und Tuncer zum Eintrag ins Goldene Buch der Stadt gebeten wurde.
Der Bürgermeister der rund 20.000 Einwohner zählenden Stadt in Ostanatolien betonte den Stellenwert der Vokabel „Gemeinschaftssinn“. Zusammen mit einer Delegation von Stadträten unterschiedlicher politischer Couleur sei er angereist. Ebenso bunt präsentiere sich auch der lokale Kosmos in Hekimhan. Türken, Kurden und Armenier lebten dort friedlich zusammen. „Wenn es um das Wohl unserer Stadt und deren Weiterentwicklung geht, ziehen wir alle gemeinsam an einem Strang“, versicherte der Bürgermeister der rund 2.600 Kilometer Luftlinie von Rödermark entfernt gelegenen Kommune, die sowohl historisches Erbe (an der früheren Seidenstraße gelegen) als auch moderne Infrastruktur-Facetten vorzuweisen hat.
Kultur, Wissenschaft, Straßen- und Wohnungsbau… Wie markant Hekimhan in den zurückliegenden Jahren seinen Horizont erweitert habe, stets mit der Perspektive vor Augen, „sich zu einer europäischen Stadt zu entwickeln“: Eben dies verdeutlichte Karadag während einer Foto-Präsentation auf dem Bulau-Festgelände, flankiert am Mikrofon von Hidir Karademir, der während der Besuchstage die Rolle des Chef-Dolmetschers übernommen hatte. Doch auch die Obst- und Landwirtschaftstradition kam zur Sprache. Aprikosen, Walnüsse und Weißdornessig… Das sind Hekimhaner Spezialitäten. Die Besucher hatten reichlich davon im Gepäck und geizten nicht mit Gastgeschenken.
Apropos „Besucher“: Bürgermeister Jörg Rotter und die Erste Stadträtin Andrea Schülner lotsten die Gäste durch das Programm und zeigten sich optimistisch, was den möglichen Ausbau der Kontaktpflege Richtung Partnerschaft anbelangt. Der Verwaltungschef unterstrich mehrfach: „Unsere Beziehung hat eine lange Geschichte. Es wurden Brücken gebaut. Wir haben uns in vielen Schritten aufeinander zubewegt. Mittlerweile können wir sagen: Rödermark gehört zu Hekimhan und Hekimhan gehört zu Rödermark“, erklärte Rotter. Er ergänzte in Anbetracht der Kriegstragödie in der Ukraine: „Freundschaftliche Kontakte auf kommunaler Ebene sind wichtiger denn je.“
Vereinbart wurde, dass Rotter und eine Rödermärker Delegation im Frühjahr 2023 nach Hekimhan reisen, um dort den Ist-Zustand und das Anforderungsprofil rund um das Stichwort „Partnerschaft“ noch einmal gründlich abzuklopfen. Dann werde sich zeigen, ob man gemeinsam den „letzten Schritt“ gehen könne, blickte der Bürgermeister nach vorn. Anschließend, so die nun aufschimmernde Zeitachse, liegt der Ball im Rödermärker Parlament. Die Stadtverordneten werden entscheiden, ob aus der freundschaftlichen Verbundenheit tatsächlich eine offizielle Verschwisterung mit Urkunde und Siegel wird.
Quelle: Stadt Rödermark