Am 17.09.2023 sind in Offenbach am Main alle wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger dazu aufgerufen eine Oberbürgermeisterin oder einen Oberbürgermeister zu wählen. of-news.de hat allen Kandidatinnen und Kandidaten einen Fragenkatalog mit 11 identischen Fragen übermittelt. Die Kandidatinnen und Kandidaten hatten zudem die Möglichkeit ein Abschlussstatement zu verfassen. Für jede Antwort standen 1.000 Zeichen zur Verfügung.
Frage 1:
Sie kandidieren für das Amt der Oberbürgermeisterin von Offenbach. Warum?
“Ich bin seit März 2021 Stadtverordnete und sehe viel, was ich gemeinsam mit den Offenbachern und Offenbacherinnen verbessern möchte. Hierzu gehört vor allem Ehrlichkeit in der Politik. Ich möchte Fehler und falsche Politik auch so benennen und nicht vertuschen. Mehr Transparenz ist daher eines meiner Lieblingsthemen.
Ich danke allen Unterstützerinnen und Unterstützern für meine Kandidatur ganz herzlich. Sie haben in sehr kurzer Zeit 148 Unterstützerunterschriften gesammelt.
Ich bin leidenschaftliche Offenbacherin und lebe hier seit 26 Jahren. Wegen der Menschen hier gehe ich hier nicht mehr weg.
Ich möchte das Leben in Offenbach für alle besser machen und den Zusammenhalt stärken. Zu uns gehören Kinder und Senioren, Behinderte, Alteingesessene und neu Zugezogene, Arme und Reiche, Frauen, Männer und Diverse und Leute mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen und Vorlieben. Sie haben unterschiedliche Anliegen und Interessen und die möchte ich alle ernst nehmen.“
Frage 2:
Welche Prioritäten sehen Sie in der Arbeit des Oberbürgermeisters in den kommenden 6 Jahren?
“Meine wichtigsten Anliegen sind:
- Mehr Transparenz, weniger Hinterzimmer, Bürgerbeteiligung vor Beginn von Projekten, nicht nur nachträglich zur Legitimation
- Eine Digitalisierungsstrategie, die mit Bürokratieabbau einhergeht, und dies weniger nur mit schicken Schlagworten, stattdessen professionell, strategisch, transparent und mit Bürgerbeteiligung
- Ein lebenswertes Offenbach auch in Zeiten der Klimakatastrophe, kommunale Verantwortung für die Reduzierung des CO2-Ausstoßes, Stärkung der Biodiversität auf unserem Stadtgebiet und Aufhalten des Artensterbens
- Eine soziale Verkehrswende, so dass alle Stadtteile für alle bequem untereinander erreichbar sind, mit einem massiven Ausbau des ÖPNV
- Eine höhere Priorität für Bildung und Integration für alle
- Schaffen von guten Bedingungen für neue Arbeitsplätze und Startups
- Stärkung von Frauenrechten und Förderung von Familien und Kindern
- Mehr Respekt für die Anliegen der Senioren und der Behinderten“
Frage 3:
Wie wollen Sie diese Dinge angehen und umsetzen?
“Ich werde mich darum bemühen, Verwaltungsvorgänge so weit zu vereinfachen, wie das mit kommunalen Instrumenten möglich ist. Dabei sollen Vorgänge durchlässiger und flexibler werden. Datenaustausch muss vereinfacht werden, mit einer Digitalisierungsstrategie, die einen Datenaustausch zwischen allen überhaupt erst ermöglicht. Dies werde ich in Kooperation mit den Verwaltungsangestellten machen und ihre Erfahrung nutzen.
Ich werde Dezernenten nicht mit Problemen allein lassen, sondern zu der Verantwortung stehen, die sie mit unangenehmen Aufgaben haben, die ihnen aufgetragen worden sind, anders als 2022, als die Verkehrsdezernentin bei der ÖPNV-Kürzung alleingelassen wurde.
Die Verwaltung muss ein attraktiver Arbeitsplatz werden und Offenbach eine arbeitnehmerfreundliche Stadt, das lockt Investoren und Startups an. Hierzu gehören genug Kitaplätze, ein leistungsfähiger ÖPNV, freies Wlan in der Innenstadt und eine grüne Stadt, sowie Ansprechpartner für alle, die Probleme lösen müssen.“
Frage 4:
Thema Wohnen: für Menschen mit mittlerem Einkommen wird es in Offenbach immer schwerer für sie bezahlbaren Wohnraum zu finden. Wie kann dieses Problem gelöst werden?
“Wir brauchen auch Wohnungen für Menschen mit geringem Einkommen. Das Stadtgebiet ist begrenzt, und die Infrastruktur hinkt den ehrgeizigen Plänen des Bevölkerungswachstums hinterher. Mehr Wohnungen für Singles, Ältere und Behinderte und neue Gemeinschaftswohnformen sind nötig.
Die Umwidmung der vielen leerstehenden Geschäftsräume in Wohnraum muss vereinfacht werden. Die Adler-Ruinen am Kaiserlei müssen für einen realistischen Preis gekauft und in Wohnraum ausgebaut werden. Nötig ist eine Vorkaufsrechtssatzung vor allem für die Innenstadt, um Bestandsimmobilien zu erwerben, Zusammenarbeit mit Objektbesitzern und Erleichterungen bei der Bürokratie in städtebaulichen Verträgen, sowie Auflagen für Quoten von öffentlich gefördertem Wohnraum.
Den Fetisch eines Bevölkerungswachstums, das schneller ist als das der anderen Kommunen, möchte ich aufgeben. Wichtiger ist die Verantwortung für die, die schon da sind, mit Schulen, Kitas, Wasser- und Energieversorgung, Verkehr und ÖPNV.“
Frage 5:
Sorgenkind Offenbacher Innenstadt: Wie wollen Sie für eine Aufwertung der Innenstadt sorgen?
“Vielen Kommunen machen den Fehler, den Innenstadtbereich zu eng zu definieren. Ich werde gut funktionierende Stadtteile nicht auf Kosten der Innenstadt ausschlachten, wie derzeit geplant mit Verlagerung der Stadtbibiliothek, die stattdessen einen Anbau verdient hätte, oder mit durch Steuergelder finanzierten und beworbenen Feste auf dem Aliceplatz, die den privatwirtschaftlich arbeitenden Wirten in den angrenzenden Bezirken Konkurrenz machen. Wichtig für die Attraktivität der Innenstadt sind
- ein massiver Ausbau des ÖPNV für die Anbindung der Randbezirke und für auswärtige Besucher,
- ein flächendeckendes öffentliches Wlan,
- eine bessere Verzahnung mit der attraktiveren Umgebung, also mit Kulturkarree, Wilhelmsplatz, Herrnstraße, der westliche Frankfurter Str, Ledermuseum,IHK, HFG, dem Mainufer und mehr
- Fassadenbegrünungen, öffentliche Trinkwasserbrunnen, Entsiegelungen und weitere Begrünungen
- ein gesundes Nebeneinander von Wohnraum, Geschäften, Kultur,Treffpunkten und Erholung.“
Frage 6:
Welche Dinge wollen Sie konkret anstoßen und umsetzen um den Alltag der Menschen in Offenbach spürbar zu verbessern und die Lebens- sowie Aufenthaltsqualität in Offenbach zu erhöhen?
“Lebensqualität entsteht, wenn es weniger Daseinssorgen gibt: Das sind vor allem finanzielle Sorgen, wenn der Arbeitsplatz in Gefahr ist oder der Verdienst zu wenig. Hierfür muss die heimische Wirtschaft gestärkt und für Familien und insbesondere Alleinerziehende genügend Betreuungsmöglichkeiten geschaffen werden. Diese Baustelle möchte ich als eine der ersten angehen.
Sozial Schwache müssen wir auffangen, bezahlbaren Wohnraum schaffen vor allem für die, die schon da sind.
Der Alltag wird spürbar besser mit funktionierendem ÖPNV und funktionierenden Schulen und Kinderbetreuung.
Die Aufenthaltsqualität verbessern wir mit den schon oben beschriebenen Maßnahmen zur Innenstadt, mehr Sauberkeit, mehr Sicherheit und mehrsozialem Miteinander, mehr Entsiegelung, mit einheimischen eingepflanzten Bäumen statt gemieteten Palmen, die mit Trinkwasser gegossen werden, und mehr Treffpunkten für alle.“
Frage 7:
Thema Verkehrswende: an welchen Stellen muss in Offenbach gearbeitet werden um die Verkehrswende voranzutreiben?
“Meine Priorität liegt beim Ausbau des ÖPNV. Die Innenstadt muss von überall aus bequem und schnell erreichbar sein. Die Kürzungen 2022 waren fatal! Wir brauchen viel mehr Haltestellen und eine höhere Taktung, um vom Autoverkehr wegzukommen. ÖPNV ist Daseinsfürsorge und unerlässlich für eine prosperierende Stadtentwicklung.
Wir brauchen eine gesunde Mischung von ÖPNV, Fuß-, Rad- und Autoverkehr, wobei die Verkehre möglichst voneinander getrennt werden, also auch möglichst Grünstreifen zwischen Rad- und Fußverkehr, wie z.B. an manchen Stellen in der Berliner Straße.
Auch brauchen wir Quartiersparkhäuser für Autos und Fahrräder in vielen Stadtteilen, mit Anschluss an den ÖPNV.
Wichtig ist, dass alle in der Stadt überall mobil sind, nicht nur in der Innenstadt. Wichtig dafür sind Quartiersparkhäuser für Autos und Fahrräder mit Anschluss an den ÖPNV, eine Trennung der Wege für die verschiedenen Verkehrsteilnehmer und Förderung eines sicheren und bequemen Fußgängerverkehrs.“
Frage 8:
Thema Klimawandel: welchen Beitrag kann Offenbach wo leisten?
“Städte heizen sich im Sommer besonders stark auf, weil die Steine die Hitze speichern. Unsere Innenstadt ist viel zu stark versiegelt. Beispiele sind: u.a. der neu gestalteter Bahnhofsvorplatz in Bieber, der neu gestaltete Markplatz und der Stadthof. Wir müssen dringend unsere Stadt vorbereiten und mehr Kühlung bringen. Dafür brauchen wir
- Entsiegelungen,
- Brunnen und Trinkbrunnen,
- Bepflanzungen aller Art, also
- Bäume an Plätzen und Straßen: Dabei müssen wir vor allem alte Bäume bewahren, denn es dauert viele Jahre, bis ein neuer Baum die gleiche Kühlung bringt. Palmen in Töpfen, die mit Trinkwasser gegossen werden, bringen nichts und sind nur teuer!
- Viel mehr Grünflächen, auch kleinere, auf Platzen, Straßenrändern und Dächern
- Fassadenbegrüngen, sowohl an öffentlichen als auch privaten Gebäuden
- Frischluftschneisen, sowohl größere, die Luft von außen in die bebauten Teile fließen lassen als auch kleine zwischen einzelnen Gebäuden um Mikro-Erhitzungen abzumildern.“
Frage 9:
Ordnung, Sicherheit und Sauberkeit: an welchen Stellen muss gearbeitet werden, wo wollen Sie konkret ansetzen, um für Ordnung, Sicherheit und Sauberkeit in Offenbach zu sorgen?
“Die Sicherheit in der Stadt wird mit gut geschulten Streifenpolizisten und -polizistinnen erhöht, die auch zu Fuß unterwegs sind und deeskalieren können. Überwachungskameras bringen dagegen wenig und schrecken nicht ab.
In der Stadt gibt es auch immer noch zu viele dunkle Ecken, sogenannte Angsträume, die vor allem für Frauen unangenehm sind. Hier muss auch noch an der Stadtarchitektur gearbeitet werden. Manchmal hilft schon eine andere Beleuchtung.
Für eine bessere Ordnung reicht eine Aufstockung des Personals der Müllabfuhr nicht aus, es ist auch wichtig, das Wir-Gefühl der Mitbürger und Mitbürgerinnen zu steigern. Wenn sich die Leute mit ihren Stadtteilen identifizieren, entwickeln sie auch eine positive Motivation und ein Verantwortungsgefühl für die Aufenthaltsqualität in ihrer Nachbarschaft. Dafür sind Stadtteilarbeit und Nachbarschaftstreffen wichtige Bausteine. Diese wird u.a. von den Quartiersmanagements geleistet, aber auch von Vereinen und Privatinitiativen.“
Frage 10:
Ihre Vision: Wo sehen Sie Offenbach in 10 und in 20 Jahren?
“Alles ist möglich zwischen diesen zwei Extremen:
Das positive Extrem: Die Menschen in Offenbach haben wenig Sorgen. Es gibt viele Jobs und genug passende Wohnungen. Die Betreuungskräfte In den vielen Kitas lieben ihren Job und die Kinder. Die Senioren fühlen sich respektiert und berücksichtigt. Die Stadt ist barrierefrei. Es gibt viele Sprachförderprogramme für alle, die beliebt und leicht zugänglich sind. Interkulturelle Freundschaften verfestigen sich. Man engagiert sich gemeinsam für ein schönes Stadtbild. Es gibt wenig Autoverkehr, dank der vielen zuverlässigen Busse, die überall fahren. Alles ist grün und die Stadt ein Wohlfühlort.
Alle beteiligen sich fleißig an der Demokratie, um Offenbach noch besser zu machen.
Das negative Extrem: Die Menschen wenden sich frustriert von der Teilnahme an der Demokratie ab. „Die da oben machen ohnehin, was sie wollen, wir haben eh keinen Einfluss. Alles ist schon entschieden“. Die Wahlbeteiligung ist gering, Rechtsextreme haben immer mehr Zulauf.“
Frage 11:
Warum sollten die Menschen in Offenbach Sie statt eine andere Kandidatin oder einen anderen Kandidaten wählen?
“Ich trenne mein politisches Interesse und mein Bemühen für ein besseres Offenbach strikt von privaten kommerziellen Interessen, auch denen von Kumpels und Vettern. Über mein Tun und über die Vorgänge im Rathaus werde ich regelmäßig Rechenschaft ablegen und berichten. Beispiele, die transparenter sein müssen, sind:
- Wie kommt die Prioritätensetzung bei der Einteilung der knappen Finanzen für unterschiedliche Projekte zustande?
- Finanzierung, Zuwendungen oder Preisvergaben für Vereine, verdiente Bürger und Bürgerinnen oder Initiativen: Wer entscheidet nach welchen Kriterien, wer ernennt oder wählt diese Personen?
- Kriterien für die Entscheidungen für externe Berater. Z.B.: Warum gab es keine Ausschreibung bei der Studie zur ÖPNV-Kürzung?
Ich habe ein offenes Ohr für jeden und nehme alle Anliegen ernst. Aber ich mauschele nicht im Hinterzimmer und schleime mich nicht bei den Mächtigen ein. Es geht mir nicht um Posten oder Pfründe. Manche bezeichnen das als „unprofessionell“, ich nicht.“
Ihr Abschlussstatement:
“Die OB-Wahl liegt in der Halbzeit dieser Wahlperiode. In den bisher 2,5 Jahren haben wir von Ofa 72 Anträge gestellt. Die Transparenz, die wir fordern, bieten wir auch selbst. Auf unserer Seite www.ofa-ev.de könnt Ihr alle Antrage einschließlich ausführlicher Berichte über die Reaktionen der anderen Fraktionen, alle Anfragen und Antworten und weitere Meinungsbeiträge lesen.“