Wo verliefen die Straßen und Gassen der heute verlorenen Altstadt? Wie hat sich die Bebauung in meinem Quartier entwickelt? Auf welcher Fläche erstreckte sich der jüdische Friedhof an der Bismarckstraße? Wie war der Marktplatz bebaut und wie hat sich die Bebauung verändert? „Antworten auf diese und andere Fragen gibt das landesgeschichtliche Informationssystem Lagis mit einer in mehreren Ebenen gegliederten Sicht – und das ganze ab sofort auch für die Gemarkung Offenbachs“, informiert Oberbürgermeister Dr. Felix Schwenke über eine spannende Neuerung für alle an historischem Wissen Interessierten.
In Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv Offenbach hat das Hessische Institut für Landesgeschichte (früher: Hessisches Landesamt für geschichtliche Landeskunde) in Marburg die Kataster- beziehungsweise Parzellenkarten der Gemarkung Offenbach aus drei Zeitabschnitten gescannt und Anfang Dezember im Rahmen des Projekts „Urkataster+“ online zur freien Verfügung gestellt. Das Projektteam um Professor Dr. Holger Gräf hat knapp 900 großformatige und großmaßstäbige Einzelpläne passend aneinander montiert, so dass eine zusammenhängende Karte der gesamten Gemarkung entstanden ist. Diese lässt sich in den drei Zeitabschnitten 1845 bis1849 („Urkataster“), 1906 bis 1911 (Kataster) und 1906 bis 1927 (Stadtplan mit Hausnummerierung) jeweils georeferenziert über eine aktuelle Luftbildkarte, das aktuelle Liegenschaftskataster, ein historisches Luftbild (1952/53) oder einen aktuellen Stadtplan legen. Dabei lässt sich jeweils ein Zeitschnitt der historischen Flurkarten mit einer Hintergrundkarte kombinieren, was den unmittelbaren Vergleich der Einzelkarten ermöglicht.
Daneben gibt es zahlreiche weitere interaktive Werkzeuge, die es ermöglichen, die Entwicklung der Stadttopographie Offenbachs detailliert nachzuvollziehen – einer Stadt, deren bewegte Geschichte sich auch an den Karten ablesen lässt: Lange ein Dorf, ist Offenbach in der zweiten Hälfte des 19. und im 20. Jahrhundert schnell gewachsen, erlitt einige Kriegsschäden und wurde durch den Bau der Berliner Straße in seinem historischen Zentrum schnell modernisiert.
Ziel des vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst (HMWK) finanzierten Projekts ist, alle hessischen Stadtgemarkungen mit mindestens einer historischen Überlieferung in der Anwendung zu präsentieren. „Die vorhandenen historischen Katasterkarten der ehemals selbstständigen Gemeinden Bürgel, Bieber und Rumpenheim sind bereits gescannt und sollen perspektivisch ebenfalls in Urkataster+ bereitgestellt werden“, sagt OB Schwenke und stellt klar, dass alle heute zu Offenbach zählenden Gemarkungen im Blick des Hauses der Stadtgeschichte sind.
Für das Stadtarchiv Offenbach ist dies ein erster Schritt bei der Zugänglichmachung von Archivgut. „Wir sind dem Hessischen Institut für Landesgeschichte sehr dankbar, dass die digitalisierten Katasterkarten aus verschiedenen Zeitabschnitten mit diesem Projekt als eine wichtige Quelle für die Stadtgeschichtsforschung aufwertet und sie für alle jederzeit zugänglich macht. Die im Urkataster+ bereitgestellten interaktiven Funktionen und Werkzeuge ermöglichen eine Ansicht und Analyse der Karteninformationen, wie sie analog im Lesesaal gar nicht möglich wären“, so Stadtarchivar Lukas Svatek-Storch. Von ganz praktischem Nutzen kann Urkataster+ auch für Verwaltungsaufgaben sein – beispielsweise in den Bereichen Bau und Denkmalschutz oder Umwelt und Stadtplanung. „Urkataster+ ist ein tolles Projekt, es gibt viel zu entdecken. Die Zeit zwischen den Jahren bietet dem einen oder anderen ja vielleicht die Chance, es sich ansehen zu können“, so Oberbürgermeister Schwenke abschließend.
Die Offenbacher Karten finden sich im landesgeschichtlichen Informationssystem LAGIS unter www.lagis-hessen.de, dann Urkataster+ und Offenbach auswählen. Der direkte Link: https://www.lagis-hessen.de/maps/urkataster-plus/city/13036.
Quelle: PM Stadt Offenbach