Welche Vorfahrtsregeln gibt es in Deutschland? Wie ist die Beschilderung? Was ist beim Links- und Rechtsabbiegen zu beachten? Und warum sollten aus Sicherheitsgründen überall dort, wo es möglich ist, Radwege genutzt werden? Diese und viele weitere Fragen kamen in einer Schulung für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine zur Sprache.
Das Ehrenamtsbüro der Stadt Rödermark hatte die Wissensvermittlung in schneller und kompakter Form eingefädelt. Neun Kinder und fünf Erwachsene, die im ehemaligen Parkhotel an der Stadtgrenze zu Rodgau-Rollwald gemeinsam mit knapp 400 weiteren Menschen eine provisorische Bleibe gefunden haben (der Kreis Offenbach hat das Domizil angemietet), waren mit Neugier und Lerneifer ins Projekt eingebunden.
Eine glückliche Fügung ermöglichte das Angebot. Elena Granz und Azad Safari, die als Sport-Coaches für das Ehrenamtsbüro tätig sind und auch auf der Vereinsschiene (KSV Urberach, Stichwort: Judo-Training) schon viel Erfahrung im Umgang mit den aus ihrer Heimat geflohenen Ukrainern gesammelt haben, konnten ihre Kontaktfäden zu Sandra Wöllenstein nutzen. Die in Rödermark lebende Polizistin ist ein Profi: Sie weiß genau, was beim Thema „Sicheres Radfahren“ wichtig und entscheidend ist. Auf den Schulhöfen in Stadt und Kreis Offenbach zeigt sie gemeinsam mit ihren Kollegen der Jugendverkehrsschule, auf welche Dinge es ankommt.
Konfrontiert mit der Frage „Könnten wir so etwas nicht auch mal für die Geflüchteten aus der Ukraine anbieten?“, ließ sich Wöllenstein nicht lange bitten. Ehrenamtlich, in ihrer Freizeit, stand sie zwei Nachmittage lang Rede und Antwort. Nach einer theoretischen Einweisung ging es auf die Straßen im Umfeld der Unterkunft, um dort den Praxistest zu machen und gleichsam „Unterricht live“ zu geben.
„Klar, es ist sehr komprimiert, ein Crash-Kurs eben. Ich denke, dass die Notwendigkeit einer solchen Schulung auf jeden Fall vorhanden ist. Das Fahrrad ist für die Menschen, die hier Zuflucht gefunden haben, das zentrale Fortbewegungsmittel. Und da gibt es in einem deutschen Ballungsraum viele Dinge, die ungewohnt sind und erhöhte Aufmerksamkeit verlangen“, erläuterte Wöllenstein.
Problematisch aus ihrer Sicht: Für die vielgenutzte Verbindung zwischen dem Ex-Hotel und dem Rödermärker Stadtteil Ober-Roden gibt es keinen Radweg parallel zur Landesstraße 3097. Das Fahren auf dem Randstreifen und insbesondere das Queren der Fahrbahn ist für Radler nicht ungefährlich. Ein Unfall im Oktober vorigen Jahres, bei dem ein elfjähriger Junge schwer verletzt wurde, hat die Problematik im kollektiven Gedächtnis verankert.
„Umso wichtiger ist es, auf Gefahrenpunkte hinzuweisen und ein sicheres, konzentriertes Radfahren mit praktischen Übungen zu veranschaulichen“, betonte Wöllenstein im Beisein der beteiligten Kinder und Eltern. Gut möglich, so ihr Fazit, dass noch einmal eine derartige Offerte zum Nulltarif für interessierte Kriegsflüchtlinge organisiert wird.
Auch Ute Schmidt, die Leiterin des Ehrenamtsbüros, will eine Neuauflage nicht ausschließen. Der Bedarf sei unschwer zu erkennen. Ein großes Lob, bilanziert Schmidt, hätten sich alle Helferinnen und Helfer verdient: „Es ist einfach toll, was wir hier in der Stadt mit freiwilligem Engagement alles stemmen. Die Radfahrschulung ist ein weiteres Beispiel, das diesen guten Bürgersinn widerspiegelt.“
Quelle: PM Stadt Rödermark